Podiumsdiskussion mit Klaus-Peter Willsch

Der Spiegel bezeichnet ihn als den „Mann, der immer den nächsten Boxring sucht“: Klaus-Peter Willsch (CDU), der unseren Wahlkreis schon seit über 25 Jahren im Bundestag vertritt, besuchte uns am 6. März zur Podiumsdiskussion des PoWi-Leistungskurses E2 in der Aula. 

In seiner langen Zeit als Politiker ist Klaus-Peter Willsch in sehr unterschiedlichen Bereichen aufgefallen, sowohl international als auch bei uns in Deutschland und jedes Mal durfte er für seine Handlungen reichlich Kritik verbuchen. So ist er auf der einen Seite Vorsitzender des parlamentarischen Freundeskreises Berlin – Taipeh. Willsch fordert mehr Anerkennung des kleinen Inselstaates Taiwan gegenüber seinem großen Nachbarn China, wofür ihn die Chinesen scharf verurteilen. Bei uns in Deutschland hingegen fiel er vor allem wegen seinen Äußerungen zur möglichen Zusammenarbeit mit der AfD aus den Jahren 2014 und 2016 auf. 

In unserer einstündigen Diskussionsrunde behandelten wir daher mit Klaus-Peter Willsch beide Themen. Er erklärte uns die Aufgaben einer parlamentarischen Freundschaftsgruppe und hob die besondere Stellung dieser Verbindung mit Taiwan hervor. Die Freundschaftsgruppe ist eine der weniger direkten Verbindungen zu Taiwan, da Deutschland aufgrund der Ein-China-Politik keine offiziellen Kanäle und diplomatischen Beziehungen pflegen darf, was Willsch als unzeitgemäß und unsinnig verurteilt. Er sieht Taiwan als eine Vorzeigedemokratie im indopazifischen Raum und fordert daher mehr internationale Anerkennung für Taiwan. Spannend war sein Bericht von seiner Reise nach Taiwan, wo er von den höchsten Amtsträgern empfangen worden ist. Aus diesem ging deutlich hervor, dass Taiwan nicht nur ein wichtiger Wertepartner für Deutschland sei, sonder auch wirtschaftlich einen hohen Stellenwert für Deutschland tragen würde. Denn aus dem kleinen Inselstaat werden die begehrten Halbleiter weltweit exportiert. Umso wichtiger sei daher die Sicherheit Taiwans, die durch die Führung des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping deutlicher denn je auf einem dünnen Eis stehe, da dieser bis zum 100-jährigen Bestehen der Kommunistischen Partei (im Jahr 2049) Taiwan wieder zurück ins Reich holen möchte. Daher üben die Chinesen großen internationalen Druck aus, um Taiwan zu isolieren und verurteilen Besuche, wie den von Klaus-Peter Willsch. Doch dieser reagierte ebenso gelassen auf die Kritik Chinas, wie es mittlerweile auch die Taiwaner tun würden.

Das zweite Thema behandelten wir unter der Überschrift „Rechtsruck in der Gesellschaft“, welcher vor allem durch den Zuwachs der AfD-Wählenden immer deutlicher wird. Um diesem entgegenzuwirken, protestieren viele Bürger „gegen Rechts“. Willsch begrüßt grundsätzlich die Intention der Protestierenden, insistiert aber gleichzeitig gegen das Narrativ „gegen Rechts“ und appelliert das „Rechts“ nichts weiter sei als eine politische Ausrichtung und nicht mit Rechtsextremismus verwechselt werden darf.  

Um aber die Ursachen für den Aufstieg der AfD zu ergründen, legte Willsch uns zwei Aspekte aus: Willsch sieht als einen Grund für den Erfolg der AfD die Popularität auf Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok, auf welchen sich leicht politischen Inhalte verbreiten lassen, mit denen man Jugendliche erreichen möchte und Ressentiment geschnürt werden können. Als zweiten Aspekt sieht Willsch die, aus seiner Sicht, schlechte Arbeit der Bundesregierung, die manche Menschen dazu bewege, die AfD aus Protest zu wählen.

Seine Lösung heißt „gute Politik“, mit welcher man die Menschen wieder zurückgewinnen müsse und für welche die Union stehe. Uns stellte sich mit dieser Aussage die Frage, warum es dann der Union nicht gelingt, die enttäuschten Wähler der Ampelregierung aufzufangen. Hierauf reagierte der Unionspolitiker mit Kritik an der eigenen Partei. Er verwies darauf, dass die Union nicht ohne Grund 2021 abgewählt worden ist und in Themen wie der Flüchtlingspolitik oder dem Euro-Rettungsschirm viele Fehler gemacht worden seien. 

Spannend wurde es, als wir ihn mit seinen eigenen Positionen zur AfD konfrontierten. So äußerte Willsch 2014 und 2016 mehrmals Forderungen zur Zusammenarbeit mit der AfD, und stellte 2016 fest, dass AfD-Leute „ja keine Leprakranken sind“ und „dass man jene Partei zur Koalition auswählen solle, in der es am meisten Übereinstimmungspunkte gibt.“  Aufgrund dieser Aussagen erntete Willsch heftige Kritik aus den eigenen Reihen. Willsch stritt keineswegs ab, solche Aussagen getätigt zu haben und gab uns einen langen Ausblick, wie sich die Alternative für Deutschland in den letzten zehn Jahren verändert habe. An dem ständigen Wechsel der Vorsitzenden von Petry bis Weidel, könne man sehen, wie die Partei immer weiter von Extremisten gekapert worden sei. Auch die damalige Parteienlandschaft sei ein Grund für Willschs Aussagen über die AfD gewesen, da die CDU sowohl auf Bundes- ebenso wie auf Landesebene Schwierigkeiten gehabt hätte, einen geeigneten Bündnispartner zu finden. 

„Warum sollte man die CDU wählen?“ Hierauf antwortete Willsch 2021 in lakonischen Stil: „Um eine ökosozialistische Umerziehungsrepublik von Rot und Grün zu verhindern.“ Auf Nachfrage erklärte er, dass beide Parteien beabsichtigen würden, den Menschen vorzuschreiben, wie sie leben sollten. Nennenswerte Namen von Rot und Grün, die ein solches Ziel verfolgen sollen, nannte er nicht. Seine Position gegen die Grünen scheint Willsch auf alle Fälle verfolgen zu wollen. Auch der Aufruf von Friedrich Merz sich zumindest nach der kommenden Bundestagswahl die Grünen als Bündnispartner vorzustellen, lenkt ihn davon nicht ab. 

Insgesamt durften wir an diesem Tag sehen, dass sich die Meinung und Ziele des CDU-Politikers über die Jahre gehalten haben, so will er sich auch in der Zukunft für die Anerkennung Taiwans einsetzen, und er hält an den Prämissen gegen Grün und Rot fest, auch wenn diese angesichts der nächsten Wahlen immer wichtiger für die CDU werden. Immerhin distanziert er sich jetzt von seinen Aussagen aus den Jahren 2014 und 2016 und schaut etwas kritischer auf die AfD.