Politik-Talk zur Hessischen Landtagswahl

Am 03.07.2023 begrüßte der PoWi-LOK von Frau Müller-Schlaudt hessische Politikerinnen und Politiker, welche als Kandidatinnen und Kandidaten für den diesjährigen hessischen Landtag, der im Herbst gewählt wird, fungieren.

Das Publikum, bestehend aus Schülerinnen und Schülern der Oberstufe der Tilemannschule, durfte sich gute eineinhalb Stunden auf einen Schlagabtausch über Themen wie Bildungspolitik und Nahverkehr freuen.

Nachdem sich Christian Wendel (CDU), Sebastian Schaub (Bündnis 90/ Die Grünen), Jana Jeuck (SPD), Yannik Hafeneger (FDP) und Elisabeth Kula (Die Linke) kurz vorgestellt hatten, verstanden es die Moderatoren Alexander Heidger und Adrian Schühler geschickt die Gestik und Mimik der Politikerinnen und Politiker zu lesen, um Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zwischen den verschiedenen parteipolitischen Positionen zu verdeutlichen.

Während scheinbar alle Vertreterinnen und Vertreter die Stärkung der Demokratie, die Berufsorientierung in allen Schulzweigen sowie Chancen- oder soziale Gerechtigkeit als gemeinsamen Nenner für zukünftige Vorhaben formulierten, zeigte sich doch beispielsweise bei der Frage nach der Zukunft unseres dreigliedrigen Schulsystems durchaus die ein oder andere Gewichtung: Während die hessische Regierungspartei CDU weiterhin die Differenzierung als wichtige Voraussetzung für gute individuelle Förderung sieht und eine Abbrecherquote im Ländervergleich von nur 5,4% als Erfolg des hessischen Bildungssystems bewertet, betonten die mitregierenden Grünen, dass ihr der Schulfrieden und die Planbarkeit für Schulen in ihrer Regierungstätigkeit von größerer Bedeutung gewesen seien. Vielmehr müssten die derzeitigen Selektionsmechanismen, welche in Hessen und Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr früh griffen, überdacht werden. Mit dieser Idee sympathisierten auch die SPD und Die Linke, welche die Frage der Chancengerechtigkeit betonten, dass also der Bildungsabschluss nicht von der Herkunft der Eltern abhängen dürfe. So untermauerte Elisabeth Kula, dass in Hessen lediglich 7% der Gymnasiasten einen Migrationshintergrund hätten, während es an HR-Systemen 35% seien. Sie schlussfolgerte daraus, dass vor allem die Übergänge zwischen den Systemen reduziert werden müssten, um allen Schülerinnen und Schülern ein möglichst passgenaues, chancengerechtes Bildungsangebot zu unterbreiten. Yannik Hafeneger von der FDP bekräftigte ebenso, dass die „Türen nie verschlossen sein dürften“, er jedoch die Dreigliedrigkeit weiterhin als gute Basis für Lernerfolge mit individueller Fördermöglichkeit sehe.

Gemeinsame Linien wurden in Lösungsansätzen gegen den Fachkräftemangel deutlich. Dass man heutzutage auch Karriere im Handwerk machen könne und man diese Erfolgsgeschichten in den verschiedenen Schulzweigen sichtbar machen müsse, in Form von Ausbildungslotsen, Tag des Handwerks, dem Limburger Modell oder ganz individuelle Ideen der verschiedenen Schulen, wurde von allen begrüßt. Dass die Stärkung des ländlichen Raums auch eine bildungspolitische Dimension hat, war für viele eine ganz neue Betrachtungsweise: Während sich einige Schulabgänger nach dem Abitur zu attraktiven Universitätsstädten hingezogen fühlten, sehe die Alternative auf dem Land lange Fahrwege zu Berufsschulen und das fortdauernde Wohnen bei den Eltern vor. Hier gebe es Gestaltungsbedarf, gerade in einem Flächenland, Regionen und damit auch das Handwerk zu stärken.

Während die Politikerinnen und Politiker sich gerne noch intensiver über gemeinsame und verschiedene Positionen ausgetauscht hätten, lenkten die Moderatoren die Diskussion bewusst noch einmal auf einen anderen Themenschwerpunkt. Die beiden regierenden Parteien durften ihre Erfolge in der Umweltpolitik präsentieren: dass sie gesetzliche Grundlagen für die Energiewende schufen, eine klimaneutrale Verwaltung ab 2030 verabschiedeten sowie 1,8 Milliarden Euro für den Ausbau des ÖPNV und die Landwirtschaft eingeplant haben. Dass diese Ergebnisse für den Umweltschutz nicht ausreichten, bestätigten auch Christian Wendel und Sebastian Schaub. Doch gerade die bundespolitische Diskussion habe gezeigt, dass man den Menschen mit zu ambitionierten Vorhaben und Verboten Angst mache und dass es darum gehe, alle Menschen mitzunehmen. Dass dies eine schwierige Aufgabe sei, bekräftigten auch die Oppositionsparteien, dennoch erwarteten sie mehr von der Regierung und Pariser Klimaziele würden klar verfehlt. Sie schlugen stattdessen die Förderung des ÖPNV, die Reaktivierung von stillgelegten Bahntrassen, den Ausbau der Fernwärme und den Abbau der bürokratischen Strukturen vor. Besonders bei der Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs zeigten sich die unterschiedlichen Haltungen in Bezug auf die Finanzierung und die Frage des Machbaren. Während Elisabeth Kula sich eine steuerfinanzierte Variante vorstellte, Jana Jeuck sich für das Schülerticket für die gesamte Schülerschaft aussprach, Sebastian Schaub das On-Demand-Ticket, wie es in Limburg verfügbar sei, als gute Lösung propagierte, zeigten sich Christian Wendel und Yannik Hafeneger mit der Lastenteilung von 50:50 auf die Nutzer und die allgemeinen Steuerzahler als Finanzierungsmodell zufrieden. Dennoch: dass man hier einen Ausbau brauche, der jedoch auch finanzierbar sei, konnte wieder von allen einvernehmlich als Schlusspunkt festgehalten werden.

So endete der Politik-Talk für das Publikum: mit neuen Anreizen zum Nachdenken und Informieren. Der ein oder andere hat nun erste Eindrücke gewonnen, um am 08.10.2023 als Erstwähler vielleicht seine ersten Kreuzchen zu machen. Der PoWi-LOK hatte im Anschluss noch ausreichend Gelegenheit, in einer kleinen Gesprächsrunde in den Austausch mit den Politikerinnen und Politikern zu kommen. Vielen Dank an alle Beteiligten für die Organisation und Diskussion.