Ein Blick in die Zukunft?!

Das Stück „Useless“ der AG Darstellendes Spiel mit Unterstützung der Technik AG lässt das Publikum über das Verhältnis von Mensch und Technik nachdenken.

Du fragst dich, ob wir Menschen in der Zukunft überflüssig sein werden? Du fragst dich, ob es richtig ist, künstliche Intelligenz Entscheidungen über unser Leben treffen zu lassen, obwohl ihnen jegliches Wertebewusstsein und Moral fehlt? Dass es auf diese und ähnliche Fragen keine leichten Antworten geben wird, man sich dieser Thematik aber unbedingt stellen muss, haben die beiden Aufführungen am vergangenen Wochenende in der Aula der Tilemannschule gezeigt.  Die AG Darstellendes Spiel unter Leitung von Claudia Kim diskutierte und probte ein Jahr lang, bis die Aufführungen für die meist noch jungen Schauspieler*innen endlich anstanden.

(von links nach rechts): Maximilian Flick, Martha Hörl, (kniend) Annique Danthony, Luise Weinland, Justus Burggraf, Simon Mrochen)

Das Stück, geschrieben von den beiden Mitwirkenden Leon Kurzius und Simon Mrochen (beide Q1), gibt uns einen Ausblick, wie unsere Zukunft aussehen könnte: Die Zuschauer blicken auf eine klinisch weiße und saubere Bühne. Jeder Gegenstand, jede Figur hat seine Funktion. Es ist die Welt der Master und der KIs, der künstlichen Intelligenz. Genauso „cleane“ Musik schafft eine kühle, eintönige, sterile Atmosphäre. Im Kontrast dazu blicken die Zuschauer vor der Bühne auf Müllhaufen, in denen die „Useless“, die „Nutzlosen“ leben. Sie sind Sklaven der Technik, die wie Tiere im Dreck hausen und von den Abfällen der „neuen Welt“ leben müssen. Sie sind die Verlierer dieses Systems, denn ihnen ist es nicht gelungen, in die Welt der Server aufzusteigen, welche sie für erstrebenswert halten. Sie sind blind für die Ausbeutung der gechippten Server, die oft chorisch Phrasen sprechen, ferngesteuert vorgegebene Emotionen zur Schau stellen und ihre Arbeitsgeschwindigkeit dem System anpassen müssen. Die Verehrung der ihnen übergeordneten Master macht sie blind für das Aufgeben ihrer Individualität. Jeder wird nur noch mit einer Nummer statt mit seinem Namen angesprochen. Eine kleine Gruppe der Useless stellt sich jedoch gegen die eigenen Reihen: Sie hat die andere Welt bereits erfahren, wurde radikal eliminiert und stellt das herrschende System in Frage. Die Useless, die mit dem Kampf untereinander beschäftigt sind statt gemeinsam das System zu bekämpfen. Das System, das sind die „Master“, die den ganzen Tag nichts mehr tun müssen, weil andere für sie arbeiten. Sie sind dekadent, völlig degeneriert und kaum noch in der Lage zu sprechen. Der Einsatz der KIs ist erforderlich, um die Sprache der Master zu übersetzen in eine emotionslose, hochtechnologisierte Fachsprache. Das Voranschreiten der Technik in Form der KI trimmt das System auf noch mehr Effizienz, Rationalität und größtmöglichem Nutzen: Jeder, der diesem Bild nicht entspricht, ist überflüssig, verschwendet Ressourcen. So werden die Master als systembelastend eingestuft und radikal aus dem System entfernt. Die Useless, die ihrer Welt auch unter der Herrschaft der KI entfliehen wollen, müssen weiterhin den Preis der Menschlichkeit bezahlen. Wer noch Mensch und noch nicht Teil des Systems ist, muss sich die Frage stellen: wer bin ich und in welcher Welt will ich leben? Im Stück gewinnt die Menschlichkeit, der Mensch entscheidet sich für die Freiheit und zieht dem grausamen System den Stecker. Der Vorhang schließt sich vor einer Kulisse im hoffnungsvollen Grünschimmer. Es bleibt ein begeistertes und nachdenkliches Publikum zurück sowie Schülerinnen und Schüler, die nach der Zwangspause endlich wieder Lust auf Theater haben. Die Akteure, die zumeist zum ersten Mal auf der Bühne standen, stellen überzeugend ihre Charaktere dar, demonstrieren wie auf Knopfdruck Emotionen gesteuert werden können und zeigen nicht minder Perfektionismus als das kritisierte System. Dieser ist wohl auch den beiden Autoren geschuldet, die sich unverkennbar tiefgängig sowie strukturiert mit der komplexen Thematik beschäftigt und es verstanden haben, ein für alle Altersgruppen anschauliches und gleichzeitig forderndes Arrangement zu präsentieren.  

(von links nach rechts): Lia Kurzius, Charlotte Müller, Johanna Löw, Nele Biedert, Sophie Meyer-Ponstein, Klara Bollendorf, Ayleen Knödler